In der Tagespresse wird darüber breit
berichtet[1]:
Kürzlich hat der ehemalige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg die
bekannte Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz vor dem Landgericht Stuttgart auf
Schadensersatz in sechsstelliger Höhe verklagt. Der mündliche Verhandlungstermin
hat vor ein paar Tagen stattgefunden. Im Januar 2015 will das Gericht
entscheiden, wie es mit dem Verfahren weitergeht.
Hintergrund der Klage ist die Beratung
des Landes Baden-Württemberg durch Gleiss Lutz beim Rückerwerb der Aktien des
Energieunternehmens EnBW vom französischen Versorger EdF: Dieser Deal war
seinerzeit in die Schlagzeilen geraten, weil ihn Mappus am Parlament vorbei auf
ein Notbewilligungsrecht der Landesverfassung gestützt hatte. Das hat der
Staatsgerichtshof als verfassungswidrig angesehen, da die Voraussetzungen für
das Notbewilligungsrecht – insbesondere die besondere Eilbedürftigkeit – gar
nicht vorgelegen hätten. Seitdem streiten sich Mappus, der wegen des EnBW-Deals
bereits strafrechtliche Ermittlungen über sich ergehen lassen musste, und
Gleiss Lutz, ob die Kanzlei hinreichend über die verfassungsrechtlichen Risiken
aufgeklärt hat.
Dennoch überrascht die Klage von
Mappus auf Schadensersatz (bei den Schäden dürfte es hauptsichtlich um
Anwaltskosten gehen, die Mappus insbesondere im Zuge der strafrechtlichen
Ermittlungen und der Befragung durch den Untersuchungsausschuss des Landtages
tragen musste): Mappus selbst war nämlich gar nicht Vertragspartei des
Beratungsvertrages mit Gleiss Lutz, sondern hat das Land-Baden-Württemberg beim
Vertragsschluss lediglich vertreten – damit kann er grundsätzlich auch keine
eigenen vertraglichen Ansprüche haben. Auch deliktische Ansprüche dürften nicht
bestehen: § 823 BGB erfasst keine reinen Vermögensschäden und eine
sittenwidrige Schädigung auf Grundlage von § 826 BGB lässt sich auf Grundlage
des bekannten Sachverhaltes sicher nicht begründen. Die naheliegende Frage ist
daher, auf welche Anspruchsgrundlage Mappus seine Schadensersatzansprüche überhaupt
stützen will.
Helfen
könnte Mappus nur die Berufung auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten so
genannten Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter – ein Rechtsinstitut, das auch allen Wirtschaftsrechtsstudenten
bekannt sein sollte, die an der Vorlesung BGB/HGB 1 und 2 teilgenommen haben: Dieses
Rechtsinstitut erlaubt auch Nichtvertragsparteien, Haftungsansprüche gegen eine
Vertragspartei geltend zu machen, wenn sie mit der Erbringung der
Vertragsleistungen bestimmungsgemäß in gleicher Weise in Berührung kommen wie
der eigentliche Vertragspartner (Leistungsnähe). Zusätzlich verlangt die
Rechtsprechung, dass der Gläubiger an der Einbeziehung ein schutzwürdiges
Interesse hat (Gläubigernähe), der Schuldner dies bei Vertragsschluss erkennen
konnte (Erkennbarkeit) und der Dritte zuletzt auch schutzwürdig ist, weil er
keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche gegen einen anderen Schuldner geltend
machen kann (BGHZ 133, 168).
Schaut
man sich diese Voraussetzungen einmal näher an, ist aber schon das Bestehen der
geforderten Leistungsnähe zweifelhaft: Denn der Rückkauf der Aktien hat sich in
erster Linie (und zwar sehr nachteilig) auf das Vermögen des Landes Baden-Würrtemberg
als dem Investor des geplanten Deals ausgewirkt. Die von Mappus erlittenen
Schäden in Form von Anwaltskosten sind daher wohl nur die Folge der politischen
und strafrechtlichen Aufarbeitung des EnBW-Deals, resultieren aber nicht
daraus, dass Mappus den Risiken einer Leistungsstörung (hier in Form
möglicherweise verletzter Aufklärungspflichten) in gleicher Weise wie das Land
Baden-Würrtemberg ausgesetzt war.
Damit
dürfte die Klage wohl scheitern. Spannend bleibt es trotzdem: Denn die Kanzlei
Bub&Gauweiler, die Mappus in der Schadensersatzklage vertritt, hat auch die
Klage von Leo Kirch bzw. seinen Erben gegen die Deutsche Bank zu einem erfolgreichen
Ende geführt: Hier hätte am Anfang wahrscheinlich auch niemand vermutet, dass der
legendäre Satz von Rolf Breuer (seinerzeit Vorstandssprecher der Deutschen
Bank) im Fernsehinterview mit dem Sender Bloomberg („Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der
Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder
gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“) tatsächlich zu einer Haftung der
Deutschen Bank in Höhe von rund € 925 Mio. führen würde, weil dadurch angeblich
die Insolvenz der Kirch-Gruppe verursacht wurde.
Bericht von Prof. Ostendorf
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen