Dienstag, 4. November 2014

Praktikumsangebot


Bericht über ein Auslandspraktikum

Hallo liebe Leser,

als Student im Studiengang Wirtschaftsrecht habe ich mich im Laufe meines Studiums immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob ich ein Auslandsemester einlegen sollte oder nicht. Um mein Studium möglichst zügig zu absolvieren, habe ich mich letztendlich gegen ein Auslandssemester entschieden. So ganz habe ich den Gedanken an einen Auslandaufenthalt jedoch nicht aufgeben.

Als dann im 6. Semester unser Praktikum anstand, habe ich diesen Gedanken wieder aufgegriffen. Ich hatte mir gedacht, dass ein Auslandspraktikum eine gute Alternative zu einem Auslandssemester sein kann.

Bei der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz bin ich auf der Homepage der deutsch-polnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau (AHK Polen) gelandet, die eine Praktikumsstellte für die Abteilung Recht und Steuern ausgeschrieben hatte. Die AHK Polen ist Teil der deutschen Außenwirtschaftsförderung der DIHK und bietet deutschen Unternehmen, die den polnischen Markt erschließen möchten, verschiedene Leistungen an. Unter anderem bietet die AHK Polen Dienstleistungen im Bereich Recruitment, Recht und Steuern, Marktberatung sowie Aufbau eines Kundenstammes an. Da ich gelesen hatte, dass die Abtteilung „Recht und Steuern“ überwiegend im Bereich des Arbeits-, Gesellschafts- und Steuerrecht tätig ist, habe ich kurzer Hand eine Bewerbung abgeschickt. Ich habe relativ zügig eine Zusage erhalten und so konnte das Abenteuer Auslandspraktikum beginnen.

Meine Arbeit als Praktikant bei der AHK Polen war sehr vielseitig und spannend. Die Kollegen haben mich wirklich sehr herzlich aufgenommen. Zu Beginn meines Praktikums wurde ich in einer Art Crash-Kurs mit den wesentlichen Vorschriften und Grundsätzten des polnischen Arbeits-, Gesellschafts- und Steuerrecht vertraut gemacht. Die Abteilung Recht und Steuern betreut größtenteils deutsche Unternehmen die den polnischen Markt erschließen wollen, in dem sie eine polnische Niederlassung eröffnen möchten. Es war wirklich sehr interessant einen Einblick in den europäischen Wirtschaftsverkehr zu erhalten. Grade im Bereich des Arbeits- und Gesellschaftsrechtes gibt es teils große Unterschiede zwischen deutschem und polnischem Recht. Die Aufgabe der AHK Polen ist es, die Wünsche der deutschen Unternehmen bezüglich Arbeits- und Gesellschaftsverträgen in Einklang mit dem polnischen Recht zu bringen. In der Praxis ist es häufig nicht so einfach. Das polnische Recht kennt viele Rechtsinstitute die wir im deutschen Recht haben nicht, umgekehrt gilt dies natürlich genau so.

Das Team der AHK Polen legt sehr großen Wert darauf, dass Praktikanten aktiv an den Projekten beteiligt werden und auch selbständig mitarbeiten. Nach dem ich mich mit den Abläufen und Vorschriften in Polen vertraut gemacht habe, durfte ich bei der Erstellung von Arbeitsverträgen und Gesellschaftsverträgen mitarbeiten. Ein besonderes Highlight des Praktikums war meine Mitarbeit bei der Gründung einer polnischen Niederlassung eines deutsches Unternehmens. Meine Kollegen haben mich vom ersten Kundenkontakt bis zur Eintragung der Gesellschaft beim zuständigen Registergericht in Warschau in den Gründungsprozess miteinbezogen. Auch sonst steht man als Praktikant der AHK Polen im ständigen Kontakt mit Unternehmen verschiedener Branchen und bekommt den europäischen Wirtschaftsalltag hautnah zu spüren. Das Praktikum bei der AHK Polen war wirklich eine sehr tolle Erfahrung. Ich hatte die Möglichkeit die Arbeit eines Wirtschaftsjuristen in der Praxis kennen zu lernen und zeitgleich eine Auslandserfahrung machen zu können. Zum einen ist das Praktikum für mich persönlich ein zusätzlicher Motivationsschub für mein Studium gewesen. Es ist ein wirklich gutes Gefühl, wenn man sein erlerntes Wissen in der Praxis effektiv zum Einsatz bringen kann. Zum anderen war es wirklich interessant für vier Monate im Ausland gelebt zu haben. Obwohl Warschau nur eine Flugstunde von Berlin entfernt ist, ist das Leben in Polen schon sehr anders als das Leben in Deutschland. Man gewöhnt sich jedoch sehr schnell an Land und Leute und ihre Besonderheiten. Ich habe die Polen als ein sehr herzliches Volk kennen gelernt, die es einem sehr einfach machen sich schnell in Warschau einzuleben.

Ich kann sagen, dass so ein Auslandspraktikum eine gute Alternative zu einem Auslandssemester ist. Es ist wirklich interessant einen Einblick in den Alltag des europäischen Wirtschaftsverkehrs zu bekommen und auch einmal andere Rechtssysteme als das Deutsche in der Praxis kennen zu lernen. Ich kann ein Auslandspraktikum als Alternative zu einem Auslandsemester sehr empfehlen. Zudem ist ein Praktikum bei der AHK für diejenigen interessant, die sich beim Praktikum nicht nur auf ein Teilgebiet unseres Studiums beschränken möchten, sondern einen größeren Tätigkeitsbereich haben möchten. Ich jedenfalls würde mich immer wieder für ein Praktikum bei der AHK Polen oder generell beim AHK-Netzwerk entscheiden.

Dennis Baron
Klage von Mappus gegen Anwaltskanzlei – Ein Fall aus dem allgemeinen Schuldrecht und zugleich wunderbar geeignet für eine Prüfungsaufgabe

In der Tagespresse wird darüber breit berichtet[1]: Kürzlich hat der ehemalige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg die bekannte Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz vor dem Landgericht Stuttgart auf Schadensersatz in sechsstelliger Höhe verklagt. Der mündliche Verhandlungstermin hat vor ein paar Tagen stattgefunden. Im Januar 2015 will das Gericht entscheiden, wie es mit dem Verfahren weitergeht.

Hintergrund der Klage ist die Beratung des Landes Baden-Württemberg durch Gleiss Lutz beim Rückerwerb der Aktien des Energieunternehmens EnBW vom französischen Versorger EdF: Dieser Deal war seinerzeit in die Schlagzeilen geraten, weil ihn Mappus am Parlament vorbei auf ein Notbewilligungsrecht der Landesverfassung gestützt hatte. Das hat der Staatsgerichtshof als verfassungswidrig angesehen, da die Voraussetzungen für das Notbewilligungsrecht – insbesondere die besondere Eilbedürftigkeit – gar nicht vorgelegen hätten. Seitdem streiten sich Mappus, der wegen des EnBW-Deals bereits strafrechtliche Ermittlungen über sich ergehen lassen musste, und Gleiss Lutz, ob die Kanzlei hinreichend über die verfassungsrechtlichen Risiken aufgeklärt hat.

Dennoch überrascht die Klage von Mappus auf Schadensersatz (bei den Schäden dürfte es hauptsichtlich um Anwaltskosten gehen, die Mappus insbesondere im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen und der Befragung durch den Untersuchungsausschuss des Landtages tragen musste): Mappus selbst war nämlich gar nicht Vertragspartei des Beratungsvertrages mit Gleiss Lutz, sondern hat das Land-Baden-Württemberg beim Vertragsschluss lediglich vertreten – damit kann er grundsätzlich auch keine eigenen vertraglichen Ansprüche haben. Auch deliktische Ansprüche dürften nicht bestehen: § 823 BGB erfasst keine reinen Vermögensschäden und eine sittenwidrige Schädigung auf Grundlage von § 826 BGB lässt sich auf Grundlage des bekannten Sachverhaltes sicher nicht begründen. Die naheliegende Frage ist daher, auf welche Anspruchsgrundlage Mappus seine Schadensersatzansprüche überhaupt stützen will.

Helfen könnte Mappus nur die Berufung auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten so genannten Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – ein Rechtsinstitut, das auch allen Wirtschaftsrechtsstudenten bekannt sein sollte, die an der Vorlesung BGB/HGB 1 und 2 teilgenommen haben: Dieses Rechtsinstitut erlaubt auch Nichtvertragsparteien, Haftungsansprüche gegen eine Vertragspartei geltend zu machen, wenn sie mit der Erbringung der Vertragsleistungen bestimmungsgemäß in gleicher Weise in Berührung kommen wie der eigentliche Vertragspartner (Leistungsnähe). Zusätzlich verlangt die Rechtsprechung, dass der Gläubiger an der Einbeziehung ein schutzwürdiges Interesse hat (Gläubigernähe), der Schuldner dies bei Vertragsschluss erkennen konnte (Erkennbarkeit) und der Dritte zuletzt auch schutzwürdig ist, weil er keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche gegen einen anderen Schuldner geltend machen kann (BGHZ 133, 168).

Schaut man sich diese Voraussetzungen einmal näher an, ist aber schon das Bestehen der geforderten Leistungsnähe zweifelhaft: Denn der Rückkauf der Aktien hat sich in erster Linie (und zwar sehr nachteilig) auf das Vermögen des Landes Baden-Würrtemberg als dem Investor des geplanten Deals ausgewirkt. Die von Mappus erlittenen Schäden in Form von Anwaltskosten sind daher wohl nur die Folge der politischen und strafrechtlichen Aufarbeitung des EnBW-Deals, resultieren aber nicht daraus, dass Mappus den Risiken einer Leistungsstörung (hier in Form möglicherweise verletzter Aufklärungspflichten) in gleicher Weise wie das Land Baden-Würrtemberg ausgesetzt war.

Damit dürfte die Klage wohl scheitern. Spannend bleibt es trotzdem: Denn die Kanzlei Bub&Gauweiler, die Mappus in der Schadensersatzklage vertritt, hat auch die Klage von Leo Kirch bzw. seinen Erben gegen die Deutsche Bank zu einem erfolgreichen Ende geführt: Hier hätte am Anfang wahrscheinlich auch niemand vermutet, dass der legendäre Satz von Rolf Breuer (seinerzeit Vorstandssprecher der Deutschen Bank) im Fernsehinterview mit dem Sender Bloomberg („Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“) tatsächlich zu einer Haftung der Deutschen Bank in Höhe von rund € 925 Mio. führen würde, weil dadurch angeblich die Insolvenz der Kirch-Gruppe verursacht wurde.

Bericht von Prof. Ostendorf