Samstag, 26. Januar 2013

Leiharbeit und Schwellenwert die Zweite

Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern wird immer unattraktiver. Nach Equal Pay und Mindestlohn in der Leiharbeit (beides führt zu einer Verteuerung der Leiharbeit für den Entleiher) hatte das BAG am 18.10.2011 festgestellt, dass Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb beschäftigt werden, bei den Schwellenwerten des § 111 BetrVG mit zu zählen sind (ich hatte hier darüber berichtet: http://wir-htw.blogspot.de/2012/03/betriebsverfassungsrechtliche.html ).
Bei der Frage, ob Leiharbeitnehmer bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellen zu berücksichtigen sind, komme es auf den jeweiligen Normzweck an.

Insofern ist die am letzten Donnerstag ergangene Entscheidung zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei dem Schwellenwert gem. § 23 KSchG konsequent
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16425&pos=0&anz=6&titel=Kündigungsschutz:_Leiharbeitnehmer_und_Größe_des_Betriebs
Die Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG soll der Tatsache Rechnung tragen, dass Kleinbetriebe dadurch gekennzeichnet sind, dass meist eine persönliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht und dass Kleinbetriebe sowohl von der organisatorischen als auch der finanziellen Seite her durch einen Kündigungsschutzprozess überfordert werden könnten (so bereits das BVerfG vom 27.1.1998, http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls19980127_1bvl001587.html ). Damit kommt das BAG zu dem Ergebnis, dass es der Normzweck gebietet, bei der Berechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach § 23 KSchG Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Es komme allein auf die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke an, ohne Rücksicht darauf, ob diese den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder fremder Arbeitnehmer beruht.

Im Extremfall könnte damit ein einziger Mitarbeiter Kündigungsschutz erlangen, wenn ansonsten in der Regel mehr als neun Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Beschäftigung "in der Regel" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG dadurch nicht leichter zu handhaben ist, versteht sich von selbst. Und was hindert eigentlich die Berücksichtigung regelmäßig zum Einsatz kommender Arbeitnehmer externer Dienstleister oder Werkunternehmer (z.B. die regelmäßig im Betrieb tätige Reinigungskraft eines Reinigungsunternehmens).

Die Entscheidung ist wie gesagt konsequent, trägt aber in keiner Weise zur Rechtssicherheit bei. Das Arbeitsrecht bietet eine Vielzahl höchst unterschiedlich ausgestalteter Schwellenwerte für Kleinarbeitgeber/Betriebe. Mal gilt das Pro - Kopfprinzip (z.B. § 8 Abs. 7 TzBfG), mal werden Teilzeitarbeitnehmer nur anteilig berücksichtigt (z.B. § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG oder auch § 622 Abs. 5 Satz 2 BGB). Wenn jetzt auch noch der Normzweck erforscht werden muss, um festzustellen, ob Leiharbeitnehmer mitrechnen, fürchte ich, dass die jeweiligen Kleinbetriebe/unternehmen endgültig überfordert sind und die sollen doch eigentlich geschützt werden.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte

Um die Abmahnung und ihre Wirkung ranken sich viele Gerüchte. Dazu gehört die Mär, dass es dreier Abmahnungen bedürfe bis daraus mal eine Kündigung werden dürfe und dass Abmahnungen nach spätestens einem halben Jahr bedeutungslos würden und dann auch aus der Personalakte zu entfernen seien.
Das BAG hat in einer Entscheidung vom 19.7.2012 http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2012-7-19&nr=16336&pos=2&anz=4
zu Letzterem Stellung genommen. Das BAG erläutert hier, dass die Abmahnung nicht nur eine Warnfunktion hat, sondern auch eine Dokumentations- und Hinweisfunktion hat. Zwar könne die Warnfunktion der Abmahnung nach längerer beanstandungsfreier Beschäftigung  (d.h. vor einer verhaltensbedingten Kündigung wäre dann eine neue Abmahnung notwendig), aber die Dokumentations- und Hinweisfunktion fortbestehen. Ein Anspruch auf Entfernung einer berechtigten Abmahnung aus der Personalakete setze voraus, dass das gerügte Verhalten in jeder Hinsicht für das Arbeitsverhältnis bedeutungslos geworden ist, d.h. der Arbeitgeber darf auch kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation des gerügten Verhaltens haben.

Der Entscheidung ist voll umfänglich zu zustimmen und letztlich auch Konsequenz aus der "Emmely-Entscheidung", die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis beanstandungsfrei gelaufen ist bei der Interessenabwägung heranzuziehen. Auch Abmahnungen nach längeren Zeitabschnitten geben irgendwann mal ein Bild über den Verlauf eines Arbeitsverhältnisses. Im Regelfall wird der Arbeitgeber also ein Interesse an der langfristigen Dokumentation haben.

Davon zu trennen ist natürlich die Frage, wie mit einer unberechtigten Abmahnung umzugehen ist, z.B. wenn das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Verhalten gar nicht statt gefunden hat. In diesem Fall besteht selbstverständlich ein Anspruch auf Entfernung und Vernichtung der Abmahnung.

Dienstag, 15. Januar 2013

Arbeitnehmerdatenschutz

Diese Bundesregierung zeichnet sich ja nicht gerade durch erhöhte Aktivität in Sachen arbeits- und sozialrechtlicher Gesetzgebung aus (nett dazu Thüsing, NJW Editorial Heft 48/2012 "Bundesarbeitsministerium im Bummelstreik"), nun scheint sich jedoch überraschender Weise etwas zum Arbeitnehmerdatenschutz zu tun. Am Wochenende meldete der tagesspiegel, dass sich die Koalition nun geeinigt habe, den seit 2010 existierenden Entwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz nun doch noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Der Entwurf war nach der 1. Lesung irgendwo im Nichts versandet.

Das bisherige Gesetzgebungsverfahren mit den entsprechenden Links zum Entwurf etc. findet man hier
http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/searchProcedures/simple_search_list.do?selId=29178&method=select&offset=0&anzahl=100&sort=3&direction=desc

Ich hatte eigentlich angenommen, dass sich in dieser Legislaturperiode nichts mehr tut, was man gut damit begründen könnte, dass die EU an einem Verordnungsentwurf arbeitet. Dass jetzt Alle unzufrieden sind, versteht sich bei einer neuen gesetzlichen Reglung im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts von selbst
 http://www.tagesspiegel.de/politik/videoueberwachung-in-firmen-koalition-will-arbeitnehmer-datenschutz-aendern/7628854.html
Ob eine detaillierte Regelung im Vergleich zum bestehenden § 32 BDSG besser ist, darüber lässt sich sicher trefflich streiten, ich warte erst mal das Gesetz ab, bevor ich mich in die Diskussion stürzen.
IKS